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„GO OHIO – DER ERSTE FLUG IN DER FREIHEIT 1993“ VON ROMAN SCHULZ

BEITRAG VON ROMAN SCHULZ

zum Buch „1989 – Lieder unserer Heimat”

Go Ohio – der erste Flug in der Freiheit 1993

Nach der 83er Flugerfahrung folgte eine zehnjährige Flugpause, bis meine Frau die Möglichkeit bekam, an einem Sommersemester an der Ohio University in Athens teilnehmen zu können.

So kam ich auf die Idee, für die letzten zwei Wochen selbst einen Privattrip ins Amiland, finanziell und programmatisch getrennt, zu machen. Es wurde unkomplizierter als in typisch deutscher Denkweise vermutet. Daggi rief kurz nach ihrer Ankunft aus Ohio an, dass eine Übernachtung in einem preiswerten Studentenzimmer einschließlich Mensaverpflegung möglich wäre. Mit dem Tag, an dem ich das Flugticket von American Airlines in der Hand hielt, hatte mich das Amerikafieber vollständig gepackt. Der alte Plattenspieler dudelte endlos eine meiner Lieblingsplatten, Supertramps „Breakfast in Amerika“: … take a Jumbo, across the water, like to see America … Schnell noch einen flüchtigen Blick in Kerouacs „On the road“, die alte Levi’s-Jeans und Shirts sowie Turnschuhe bereitgelegt und den notwendigen Papierkram erledigt. Zum großen Glück hatte ich irgendwann Ende 1992 einen Reisepass beantragt, denn sonst wäre es zeitlich eng geworden. Und dann kam einfach diese unglaubliche innere Freude auf den ersten richtigen Flug, ausgerechnet über den großen Teich nach Amerika. Der Abflug erfolgte wieder von Berlin, aber vom westlichen Tegel. Neue Zeit, neue Welt, der Check-in nicht wie 1983.

„Ticket und Pass bitte, diese Erklärung bitte ausfüllen, den Koffer checken wir gleich nach Columbus durch. Zu Gate 18A bitte, angenehme Reise und guten Flug“. Eine fast relaxte Atmosphäre herrschte vor. Ich wartete in der Lounge zwischen Geschäftsreisenden, und durch die Glasfenster konnte ich den Flieger sehen. Statt einer IL-62 erwartete mich eine Boing 767 Luxury Liner und ein Zehn-Stunden-Flug nach Chicago. Der Flieger war riesig, einfach beeindruckend, wie er dastand mit seiner in der Sonne grell strahlenden polierten Metalloberfläche und der Amerikafahne am Heck. „Willkommen an Bord, meine Damen und Herren, es begrüßt Sie Flugkapitän Simson und seine Crew. Wir wünschen einen angenehmen Flug. Nach einer Erfrischung reichen wir ein Menü. Möchten Sie kanadischen Lachs oder lieber englisches Beef? Zum Lachs empfehlen wir Chardonnay, aber Rotwein oder Bier auch kein Problem. Kaffee und Tee kommen später und selbstverständlich gibt es vor der Landung ein Sandwich. Weitere Wünsche – push the button“.

Am Nachmittag erreichte ich Chicago und das erste Bild von Amerika war der blanke Wahnsinn. Seeseitig drehte der Flieger über den Lake Michigan direkt an der Skyline von Chicago-Downtown vorbei, strahlend blauer Himmel – ein Werbevideo hätte nicht besser sein können. Der Umstieg in Chicago verlief perfekt. Mit der Hochbahn sowie über kilometerlange Laufbänder und endlose Gänge erreichte ich nach einer dreiviertel Stunde im Sauseschritt das nationale Terminal. Daggi informierte mich, wenn ich mich in Chicago beeilen würde, könnte ich unter Umständen einen Flug eher nehmen als gebucht. Dann bräuchte ich keine vier Stunden zu warten. Glück gehabt, der Flieger war halb leer und die Umbuchung kein Problem. Fliegen in Amerika ist wie Straßenbahnfahren in Leipzig. In Columbus traf ich am Abend nach 15 Stunden ein. In dem Flughafenhotel ergriff mich ein bärenartiger Tiefschlaf. Am nächsten Morgen ging es weiter direkt nach Athens. Daggi war aber zu einem mehrtägigen Kurztrip nach Washington aufgebrochen. Ich hatte keine Lust, die gesamte Zeit in dem kleinen Ort Athens zu verbringen, also besorgte ich mir ein Wochenticket für den Greyhoundbus. Aber die Reise nach New Orleans ist eine andere Geschichte.

Im Buch „1989 – Lieder unserer Heimat“ schreibt Roman Schulz über: „NEVER-COMEBACK-AIRLINES Prag 1983“, die Vorgschichte von „GO OHIO“ www.1989-unsere-heimat.de/buch-lieder-unserer-heimat

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