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INTERVIEW MIT SCHWARWEL ZU UNSEREN 16 WORKSHOPS „DIKTATUR UND DEMOKRATIE“ IN 16 BUNDESLÄNDERN 2015

Workshops „Diktatur und Demokratie“
16 Workshops in 16 Bundesländern, gefördert von der Bundesstiftung zur Aufarbeitung der SED-Diktatur
Interview mit Schwarwel

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Ihr habt im Jahr 2015 16 Workshops in 16 Bundesländern zum Thema „Diktatur und Demokratie“, die von der Bundesstiftung zur Aufarbeitung der SED-Diktatur gefördert wurden, veranstaltet.
Wie seid ihr auf diese Idee gekommen?

Nachdem wir 2014 unseren 13-minütigen Trickfilm „1989 – Unsere Heimat, das sind nicht nur die Städte und Dörfer“ zum Thema Friedliche Revolution und Mauerfall fertiggestellt hatten, der sich auch autobiografisch dem Themenkomplex widmet, haben wir neben der üblichen TV- und Festivalauswertung nach Möglichkeiten gesucht, ihn auch sinnvoll in den Workshops an Schulen und in Bildungseinrichtungen einzusetzen, die wir schon seit einigen Jahren als festen Bereich unserer Arbeit anbieten und veranstalten.
Neben dem Trickfilm hatten wir mit einem kompetenten Autorenstab ein themen-vertiefendes Buch („1989 – Unsere Heimat, das sind nicht nur die Städte und Dörfer – Der Almanach zur Friedlichen Revolution“, gefördert aus den Mitteln des Freistaates Sachsen, 2014) publiziert, das wir zusammen mit dem Film vor allem für den Einsatz als Arbeitsmittel mit Schülern und als weiterführendes Angebot für Lehrzwecke anbieten und selbst in Workshops zum Thema verwenden.
Als wir auf die Fördermöglichkeiten der Bundesstiftung Aufarbeitung aufmerksam wurden, mussten wir nicht lange überlegen, denn die Zielsetzungen der Stiftung deckte sich mit unseren eigenen Vorstellungen wie man heutigen Schülern diesen wichtigen Teil der deutschen Geschichte lebendig und spannend vermitteln kann.

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Warum habt ihr genau dieses Thema gewählt? Und welche konkreten Themen wolltet ihr inhaltlich vermitteln?

Das gewählte Workshop-Thema „Diktatur und Demokratie“ ließ uns genug Spielraum, auch Schüler als Workshop-Teilnehmer abzuholen und einzubinden, die aufgrund ihres Alters und des gesetzten Lehrplans – DDR-Diktatur kurz angerissen in Klassenstufe 10 – noch nicht viel über die DDR und die SED gehört hatten.
Mit unserem mitgebrachten Film hatten wir einen guten Opener und die Aufmerksamkeit auf unserer Seite. Der Regisseur des Filmes Schwarwel leitete die Workshops, so dass gleichzeitig ein authentischer Zeitzeuge mit den Schülern ihre Comics und/oder kurzen Filme erarbeitete statt „nur“ einen Vortrag zu halten.
In Absprache mit den Lehrern und den Schulen einigten wir uns stets vorab darüber, wie weit gefasst das Thema behandelt werden konnte oder sollte, da es wichtig war, die Schüler auf einer emotionalen Ebene zu erreichen, um so ein tieferes Interesse für den Stoff erzeugen zu können.
Generell konnte das Thema „Diktatur und Demokratie“ in jedem Workshop durch direkte Vergleiche zwischen der SED-Diktatur und der jetzt gelebten Demokratie in der eigenen Lebenswelt der Schüler hervorragend vermittelt werden. Oft stellten die Schüler von sich aus Querverweise und Vergleiche zum Nationalsozialismus und zur herrschenden Diktatur in Nordkorea her. Wenn einzelne Teams in den Workshops zu diesen Themen etwas erarbeiten wollten, haben wir das natürlich unterstützt.


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Wie habt ihr Kontakt zu den einzelnen Schulen und Einrichtungen gefunden und aufgenommen?

Nach Bewilligung unseres Förderantrags stellten wir zunächst den Kontakt zu Schulen und Lehrern her, mit denen wir bereits in der Vergangenheit zusammengearbeitet hatten und von denen wir wussten, dass sie unser Thema gern als Schülerprojekt vertiefen wollten.
Daneben besuchten wir im Januar 2015 die Geschichtsmesse in Suhl, um dort in einem Panel unser Projekt vorzustellen. Daraus ergaben sich weitere Zusammenarbeiten, zum Beispiel mit den Kulturagenten und dem Kollektiven Gedächtnis.
Im März 2015 stellten wir unser Projekt auf der HistoDigital 2015 an der Universität Leipzig (Geschichtsdidaktik) vor, wo als Gastdozent auch Herr Daniel Bernsen aus Koblenz einen Vortrag hielt und mit uns spontan einen Workshop an seiner Schule vereinbarte.
In unserem Netzwerk halten wir auch Kontakt zur Initiative „Schule ohne Rassismus, Schule für Courage“, über die wir an Schulen in Grimma, Bremen und Sanitz vermittelt wurden.
Das Angebot wurde von allen rundum mit offenen Armen angenommen, wobei es am ehesten eine Schwierigkeit seitens der Schulen gab, die zwei notwendigen Tage in ihrem Lehrplan freizuschaufeln, was durch die Klassenleiterstunden oder die Projekttageszeiten ermöglicht werden konnte sowie durch aktive und engagierte LehrerInnen und DirektorInnen.

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Wie haben sich inhaltlich und in der konkreten Umsetzung eure Workshops gestaltet? Wie habt ihr euren „1989“-Film und euer „1989“-Buch dabei eingesetzt?

Im Vorfeld steckten wir mit den Lehrern den Rahmen ab und ermittelten eine Einschätzung des erwarteten Leistungsspektrums der Schüler, ihren Wissensstand und ihre Eigenmotivation.
Als Ergebnis boten wir entweder von den Schülern selbst erstellte Comics/Bildgeschichten bzw. Karikaturen oder kurze Filme (Legetrick, Fotofilme, Videos) oder manchmal sogar beides an, da wir den Teilnehmern so viel Spielraum wie möglich geben wollten, um sich unserem Thema „Diktatur und Demokratie“ möglichst offen und unbelastet zu öffnen.

Den ersten der beiden Tage starteten wir mit der Vorführung unseres Filmes „1989 – …“, um danach in einer lockeren Gesprächsrunde die Interessenlage und den tatsächlichen Wissensstand der teilnehmenden Schüler abzufragen.
Nach einer gemeinsamen Themensammlung wurden die Schüler mit direkter Demokratie vertraut gemacht, indem sie durch Stimmvergabe die Themen wählen konnten, die letztlich umgesetzt werden sollten.
Je nach Zielsetzung (Comic oder Film) wurden danach Teams zwischen 2 und 6 Teammitgliedern gebildet, die ab jetzt in Gruppenarbeit und auf demokratischer Basis ihre Inhalte selbst erarbeiteten und dafür neben unserem Buch „1989 – Unsere Heimat …“ und dem zur Verfügung gestellten Lehrmaterial vor allem im Internet recherchieren sollten und konnten.
Während dieser Ideenfindung stellten die Teams den anderen ihre geplanten Projekte in offenen freien Pitches vor und überprüften dabei die Tragfähigkeit ihrer Ideen, wobei sie sich auch den Fragen und der Manöverkritik des gesamten Workshopkörpers stellten.
Nach gemeinsamer Erstellung einer Timeline mit Checklist zur Selbstüberprüfung gingen die Teams in die Ausarbeitung ihrer Ideen, wobei Workshopleiter Schwarwel und die Begleiter den Teams als Berater zur Verfügung standen.
Zielsetzung des ersten Tages war das fertige Portfolio mit den Ideen, der Storyline, den Entwürfen und dem Umsetzungsplan mit der personellen Aufteilung der Teammitglieder, um am zweiten Tag das jeweilige Projekt in die Umsetzung zu bringen.

Der zweite Tag begann mit einem Überblick der bisherigen Ergebnisse, um den Teams die Möglichkeit zu geben, die eigenen und die Projekte anderer „mit frischem Auge“ zu begutachten und zu beurteilen. In dieser Phase bestand für alle ebenso die Möglichkeit, kurzfristig ihr Projekt komplett umzustellen oder in gemeinsamer Absprache die Teams zu wechseln. Von diesen Möglichkeiten machten in den 16 Workshops nur sehr wenige Schüler Gebrauch.
Danach wurden die am Vortag auf den Weg gebrachten Projekte in konzentrierter Teamarbeit umgesetzt.
Im Normalfall im Doppelstundenrhythmus wurde die Checklist zur Selbstüberprüfung abgeglichen und die Workshopleitung und die Begleiter standen weiterhin den Teams mit Rat und Tat zur Seite, wobei als oberste Maxime dieser Workshopreihe galt, die Schüler möglichst viel selbst und allein machen zu lassen und nur mit Bedacht regulierend einzugreifen, um ihnen das Erlebnis des selbst Erarbeiteten in Gänze zu belassen.

Nach der Mittagspause des zweiten Tages wurde die Closing Time eingeläutet, die Phase der Endkorrektur, der finalen Feinarbeiten und somit die Möglichkeit, die Arbeiten einer letztmaligen Selbstüberprüfung zu unterziehen.
Wo möglich, gewünscht und abgesprochen war, wurden die fertigen Arbeiten für eine Präsentation im Schulhaus und/oder im Internet aufbereitet und für alle Teams zur Ansicht freigegeben.
Im folgenden Abschlussgespräch konnten die Schüler neben einer Selbsteinschätzung der geleisteten Arbeit und ihrer Erfahrungsberichte ebenso ihre Meinung zum Kurs und zur Workshopleitung äußern und im offenen Dialog „auf Augenhöhe“ kommunizieren.
Diese Feedbacks nahmen wir mit in die nächsten Workshops, um das Anfangsangebot, die Inhalte und unsere eigene Arbeit mit den Schülern zu verbessern.

Allgemein wurden die Workshops in den für die Schüler gewohnten Stunden/Pausen-Rhythmen abgehalten, um ihnen ihre Tagesstruktur zu erhalten und genug Ruhezeiten als Sicherheitsnetz zu gewährleisten, da es sich in ähnlich gelagerten Workshops als wichtig und notwendig erwiesen hat, wenn für Schüler noch ungewohnte, komplexe Arbeitsabläufe und zumeist völlig neue Stoffe und Inhalte vermittelt werden wollen.

Wo es möglich war, wurden die Mahlzeiten gemeinsam eingenommen, um die Teambildung, das Gemeinschaftsgefühl und den Dialog zu fördern.
Unser Trickfilm „1989 – …“ und unser Buch „1989 – …“ erweisen sich als gern und oft genutztes Begleitmaterial. Ebenso erwies sich die Arbeit mit den Smartphones der Schüler und den vorhandenen Computern an den Schulen und in den Einrichtungen als sehr lehrreich, da die Schüler auf diese Weise lernten, wie sie ihre gewohnten Alltagsgegenstände für eine schöpferische Tätigkeit wie das Filmemachen oder die Recherche zur Wissenserweiterung einsetzen können.

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Welche Ziele habt ihr mit euren Workshops angestrebt und konntet ihr diese gemeinsam mit den Teilnehmern erreichen? Was waren die konkreten Ergebnisse?

Als oberstes und ideelles Ziel stand das Erwecken und die Stärkung des Interesses an politischer und geschichtsorientierter Bildung und der einhergehenden Erkenntnis der Schüler, dass sie selbst Teil der gelebten Demokratie in Deutschland und Europa sind.

Als für den Lehrkörper relevantes Ziel stand die Behandlung und/oder die Vertiefung des Lehrstoffes rund um die Teilung Deutschlands (Ursachen, Geschichte und Folgen), die DDR-Diktatur, das SED-Regime, die Opfer des totalitären Staates und die kritische Auseinandersetzung mit dem geschehenen Unrecht im Namen der SED-Diktatur im direkten Vergleich mit der freien Demokratie der Jetztzeit in der eigenen Erfahrungswelt der Schüler.

Als motivierendes Abschlussziel der Schüler stand im Ergebnis die Erstellung einer eigenen, selbsterdachten und selbst verwirklichten Arbeit von der Idee bis zum fertigen Produkt in Form eines Comics oder Manga, eines kurzen Filmes oder einer illustrierten Geschichte.

Soweit möglich, wurden für die Teilnehmer aus ihren eigenen Comics Hefte in einer Kleinauflage und als webfähiges PDF erstellt und die fertigen Filme in Absprache und unter Aufsicht der Schulen ins schuleigene Intranet, auf die Internetseiten der Schulen und/oder auf YouTube zur öffentlichen Einsicht veröffentlicht, um den Schülern das Erlebnis zu geben, ihre Arbeit und inhärent ihre Ideen tatsächlich „in die Welt gesetzt“ zu haben.

Nebenziele waren die Förderung von Teambildung und Teamfähigkeit, das Erleben demokratischer Prozesse im eigenen Erfahrungsraum Schule, die Förderung von Umgang mit Kritik und Toleranz differierender Meinungen sowie die Ausformulierung positiver, vorwärtsgerichteter Werte.

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Wie war die Resonanz auf eure Workshops seitens der Teilnehmer/Schüler und seitens der Lehrer/Betreuer?

Die Resonanz war durchweg positiv. Sowohl bei den teilnehmenden Schülern als auch bei den Lehrkörpern und Betreuern.

Die Workshops fanden gewollt durchmischt mit Mittelschülern, Realschülern und Gymnasiasten verschiedener Klassenstufen statt. Dementsprechend variierten die Niveaus an Bildungsstand und den Erfahrungen mit offener Gruppenarbeit, Sitzkreisen, Feedbacks etc.

Ein Unterschied zwischen alten und neuen Bundesländern war kaum spürbar, die Kenntnisse über die DDR-Geschichte in den neuen Bundesländern auf dem Gebiet der ehemaligen DDR nur leicht größer.

Wo es aufgrund der fehlenden Erfahrung zu Spannungen und Irritationen kam, wurden diese während der Gruppenarbeit und in den Feedbackrunden geklärt und ausgeräumt, was bereits vorab als aktiver Teil der Workshops eingeplant war im Sinne einer Übung der Schüler in Meinungsbildung und -äußerung.

Es erfolgten von allen teilnehmenden Schulen und Pädagogen weitere Feedbacks im Nachgang, die sich ebenfalls in jedem Fall positiv äußerten.
In den meisten Fällen führten die Workshops dazu, dass die Schüler für die erarbeiteten Stoffe positiv Benotungen erhielten und die Arbeiten und Inhalte im weiterführenden Unterricht weitere Verwendung fanden.

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Was sind die Vorteile eurer praktischen Workshops, mit den Medien Comic, Karikatur und Trickfilm einen Beitrag zur historisch-politischen Bildungsarbeit zur „SED-Aufarbeitung“ zu leisten?

Wir konnten die Erfahrung machen, dass den Schülern auf diese Art der Stoff-behandlung ein leichterer Zugang zu derartigen, allgemein eher als „staubtrocken“ empfundenen Themen ermöglicht wird.
Dabei wird der Fokus der Schüler bewusst auf die Aufgabenstellung der Erstellung einer eigenen Arbeit gerichtet und die zu vermittelnden Inhalte werden von ihnen eher als Beiwerk behandelt, mit dem sie auf diese Weise spielerisch und offen umgehen statt eine Abwehrhaltung gegen zu paukenden Lernstoff aufzubauen.
Die Freiheit in der selbstgestalteten Behandlung der Thematiken lässt die Schüler selbstständig in die Inhalte eintauchen und sie handeln eigenmotiviert und ermutigen sich innerhalb der Teams und der Gesamtgruppe zu Erkenntnisgewinn.
 
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Ist es eures Erachtens notwendig, derartige 2-Tages-Workshops zu veranstalten und wenn ja, warum?

Unserer Erfahrung nach hat es sich bewährt, die Behandlung schwerer, komplexer Themen wie das der SED-Diktatur nach Möglichkeit mehrtägig anzulegen und zu bearbeiten, da gerade in der Unterbrechung über Nacht und dem dadurch gewonnenen Abstand zur Materie eine Reflexion der Schüler erfolgt. Am zweiten Tag taucht der maßgebliche Großteil der Teilnehmer mit frischen Gedanken und mit Tatendrang auf, um die ausgegebenen Workshopziele, die als Selbstaufgabe wahrgenommen werden, zu erfüllen.
„Einmal drüber schlafen“ ist von uns deshalb fest in den Ablauf solcher Workshops integriert.

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Inwiefern war bei den Teilnehmern Wissen zur DDR-Geschichte vorhanden?
Gab es dabei Unterschiede bei den einzelnen Workshops und Workshop-Gruppen? Hat man beispielsweise einen Unterschiede zwischen „Ost“ und „West“ festgestellt und/oder abhängig von der Schulart (Mittel-, Gesamt-Schule, Gymnasium, soziale Einrichtung …)?

Wie bereits vorher erwähnt, gab es kaum Unterschiede zwischen den Wissensständen in Ost und West oder an den einzelnen Schulmodellen, wobei allgemein ein ungenügendes Grundwissen zu verzeichnen ist.
Grundsätzlich muss ein Interesse am Thema geweckt und gewonnen werden, da das Ende der DDR-Diktatur bereits doppelt so lange her ist wie das durchschnittliche Alter der Teilnehmer, wodurch diese keinen sofortigen Bezug zwischen der Diktatur des DDR-Regimes und ihrem eigenen Leben herstellen können.
Rudimentär sind jedoch viele Einzelfakten und Wissensblöcke vorhanden, die noch ungenutzt und nicht vernetzt und nicht eingeordnet auf Abruf warten.

Umso wertvoller waren und sind die eingesetzten Arbeitsmittel, die in Verbindung mit den eigenen Erfahrungen des Regisseurs und Zeitzeugen und gleichzeitigen Workshopleiters Schwarwel den Schülern die Lebendigkeit und Gültigkeit der Themen für die heutige Zeit und ihr eigenes Leben eindringlich machten.
Eine Identifikation mit den Inhalten konnte vor allem in der eigentlichen Arbeit gemacht werden, während der im „normalen Arbeitsgespräch“ Inhalte in den Dialog eingeflochten wurden, die die Schüler Gleichnisse zwischen der eigenen Erfahrungswelt und den Realitäten unter dem SED-Regime ziehen lassen.
Besonders gut reagieren die Schüler dabei auf Themen wie Schießbefehl und Mauertote, Trennung von der Familie und von Freunden, StaSi-Gewalt und Mauerfall, zu denen sie schnell einen emotionalen Bezug aufbauen können.
Viele Schüler kamen am Tag Zwei mit Erfahrungsberichten aus der eigenen Familie zur DDR-Geschichte wieder, nachdem sie zu Hause die Themen angesprochen hatten und nach den Erlebnissen ihrer Eltern und/oder Großeltern fragten.
Teilweise dienten diese privaten Erfahrungsberichte direkt als Grundlagen für die in den Workshops entstandenen Arbeiten.

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Wie haben sich die Teilnehmer mit den Begriffen Diktatur und Demokratie auseinandergesetzt? Sind die Jugendlichen grundsätzlich an politischen Themen interessiert und können sie sich selbst damit identifizieren i. S. v. „Was hat Geschichte mit mir selbst zu tun?“?
Konntet ihr mit euren Workshops auch einen Bogen zu aktuell brisanten Themen spannen?

Die Workshops waren so angelegt, dass das zu vermittelnde Wissen an aktuelle Themen und für die Schüler relevante Topics andocken sollte und kann.
Allgemein sind die Schüler bemüht, sich eher unpolitisch zu geben, jedoch sind ihnen bspw. Werte wie Meinungsfreiheit und Redefreiheit wichtig, was es in allen Gruppen möglich machte, schnell Bezüge zur Kehrseite herzustellen und den Schülern ihr eigenes Handeln und ihre Erwartungen als „politisch relevant“ aufzuzeigen.
Bereits durch das Leitthema „Diktatur und Demokratie“ konnte das eigene Handeln der Schüler stets mit freien Handlungen in einer freien Demokratie gleichgesetzt und in den Gegensatz zu einer unfreien Handlung in einer Diktatur gebracht werden, wodurch sich die Schüler schnell als „Teil der Geschichte“ wahrnehmen konnten.
Ebenfalls sehr hilfreich sind dabei als Rollenspiel funktionierende Arbeitsschritte wie die Themenwahl und die Teambildung, deren Funktion und die daraus resultierenden Folgen den Schülern während des Workshops aufgezeigt werden.
Aktuelle Themen des Workshopjahres 2015 wie PEGIDA, AfD und Flüchtlingskrise wurden häufig von den Schülern selbst aufgebracht und daraufhin durch uns als Workshopleitung in offenen Gesprächen in die Workshops integriert, um sich unter dem Licht des Leitthemas damit auseinanderzusetzen.

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War es möglich, eure Workshops mit in den Lehrplan zu integrieren?

Ja, viele Lehrer haben nach Absprache im Vorfeld hinführende Unterrichtseinheiten angesetzt, um Grundwissen aufzubauen und in die Thematik einzuführen.
Oftmals wurden die Workshops auch als Ausgangspunkt für eine Weiterführung im Geschichtsunterricht bzw. in Ethik genutzt.
In manchen Fällen dienten die Arbeiten auch als Stoff für den weiterführenden Deutschunterricht.
Die Breite der Thematik und die mehrgleisige Behandlung der Arbeiten mit Recherche, Wort, Bild, Dramaturgie, Verwendung von Musik etc. lässt eine viel-schichtige, fächerübergreifende Weiterverwendung der Ergebnisse und Anstöße der Workshops durch die Lehrkräfte zu.

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Welches Wissen und welche Erfahrungen habt ihr selbst für euch aus euren Workshops gezogen und wie werdet ihr dies für eure zukünftigen Projekte und Arbeiten nutzen? Welche Folgeprojekte sind geplant?

Die Erfahrungen waren in allen Einzelfällen sehr tief und nachhaltig, da die Thematik in Absprache mit den Lehrkörpern eine intensive und emotionale Bearbeitung durch die Schüler bewusst herausgefordert und  befördert hat.
Viele Einzelpunkte waren zur Polarisierung angelegt und sollten die Teilnehmer antriggern, um sie in ihrem gewohnten, „sicheren“ Setting zu einer intensiven Auseinandersetzung zu bewegen. Es war Ziel, die Schüler dazu zu ermutigen, „sich selbst einzubringen“, um die Erfahrungen nicht nur auf einer intellektuellen, sondern auch auf einer emotionalen Ebene zu ermöglichen. Ziel war dabei ein nachhaltigeres Lernergebnis.

Durch die gesteuerte enge, intensive Zusammenarbeit wurden die Erfahrungen
der Schüler mit den Workshopveranstaltern geteilt, so dass wir auch zu Nutznießern des Erkenntnisgewinnes der Teilnehmer wurden und ebenso Lernende waren wie die Schüler.
Das betrifft vor allem Herangehensweisen bei der Lösung von Problemstellungen und Herausforderungen im praktischen Handeln, Gesprächsführung in Konfliktsituationen – wenn bspw. die Teilnehmer unter Druck geraten aufgrund der Erwartungen an sich selbst, wofür schnelles und empathisches Konfliktmanagement geboten ist und ständig geübt werden muss –, sowie authentisches Auftreten vor den Schülern, um von ihnen respektiert zu werden, Aneignung und Übernahme neuer Technologie-Trends in die Workshopabläufe, ständige Verbesserung der Feedbackrunden und der Arbeit mit den Schülern, um die Workshops einerseits zu optimieren, ihnen aber andererseits die geforderte Frische zu belassen, um im nächsten Workshop ebenso offen und interessiert in die neue Gruppenarbeit einsteigen zu können.

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Weitere Informationen zu allen 16 Workshops inkl. Stationen und Fotos gibts hier: www.1989-unsere-heimat.de/1989-comic-trickfilmworkshops-mit-schwarwel-in-16-bundeslaendern

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